Das VG Wiesbaden hat am 01.02.2019 entschieden, dass einem Polizeikommissar-Anwärter, der seinen Dienstausweis für private Zwecke genutzt hat, die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten werden kann.
Dem Antragsteller wird vorgeworfen, er habe im Rahmen des am 03.06.2018 durchgeführten Polizeieinsatzes nach Beendigung des Schlossgrabenfestes in Darmstadt, obwohl er sich nicht im Dienst befand, unter Verwendung seines Dienstausweises und des Kennwortes für Zivilkräfte mit seiner Freundin und weiteren Personen versucht, aus einer Polizeiabsperrung zu gelangen, nachdem er sich zuvor ebenfalls unter Verwendung seines Dienstausweises und des Kennwortes für Zivilkräfte zunächst Zugang in die Absperrung verschafft hatte. Die Polizeiakademie Hessen, an der der Antragsteller noch studiert, leitete am 04.06.2018 ein Disziplinarverfahren gegen den Polizeikommissar-Anwärter ein und setzte dieses sofort bis zum Abschluss eines sachgleichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen schweren Landfriedensbruchs, Amtsanmaßung, versuchter Gefangenenbefreiung sowie Verstößen gegen das Waffengesetz und Versammlungsgesetz wieder aus. Ebenfalls am 04.06.2018 wurde dem Antragsteller durch die Polizeiakademie Hessen die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten, das Führen von Dienstwaffen untersagt, das Betreten der Liegenschaften der hessischen Polizei verboten und die Rückgabe der in seinem Besitz befindlichen Ausrüstungsgegenstände nebst seinem Dienstausweis angeordnet.
Der gegen diesen Bescheid gerichtete Eilantrag des Antragstellers blieb vor dem VG Wiesbaden erfolglos.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts liegen zwingende dienstliche Gründe vor, aus denen dem Antragsteller die Führung der Dienstgeschäfte zu Recht verboten worden ist. Hierbei komme es nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten.
Vorliegend stehe bereits im Hinblick auf die Einlassungen des Antragstellers ein Verstoß gegen seine beamtenrechtliche Wohlverhaltenspflicht und Pflicht zur Uneigennützigkeit sowie der hinreichend begründete Verdacht der Begehung von Straftaten durch einen Versuch des Antragstellers, unter Verwendung seines Dienstausweises und des Kennwortes für Zivilkräfte zusammen mit Begleitpersonen aus einer Einkesselung zu gelangen, im Raum. Diese Umstände seien geeignet, zu einem Ansehensverlust der Polizei zu führen. Die weitere Führung von Dienstgeschäften und auch der Verbleib des Antragstellers in der Ausbildung bis zum Schluss der Ermittlungen könnte den Eindruck erwecken, die hessische Landespolizei dulde in ihren Reihen Polizeikommissar-Anwärter, die sich der Begehung von Straftaten verdächtig gemacht haben oder bilde Beamte aus, von den potenziell die Gefahr ausgeht, dass sie ihr im Rahmen der Ausbildung erworbenes polizeitaktisches Wissen unter Verwendung ihres Dienstausweises zu privaten Zwecken zu ihrem eigenen Vorteil nutzten. Bei dieser Sachlage sei der Polizeiakademie Hessen eine weitere dienstliche Zusammenarbeit mit dem Antragsteller bis zur vorläufigen Klärung des bestehenden Verdachts nicht zuzumuten.
Soweit der Antragsteller meint, die Maßnahme sei unverhältnismäßig, weil er nunmehr durch das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auch an dem Fortlauf seines Studiums gehindert sei, führte dies nicht zu einer anderen Einschätzung des Verwaltungsgerichts. Die Gründe, die für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sprechen, beträfen nicht nur die Ausbildung des Antragstellers. Polizeikommissar-Anwärter seien auch Dienstwaffenträger und würden bereits während ihrer Ausbildung im Rahmen von Praktika zur Verfolgung von Straftaten eingesetzt. Eine Beschränkung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte auf die Teilnahme an sonstigen Ausbildungsveranstaltungen, d.h. solchen ohne Dienstwaffe und ohne Außenkontakte als weniger belastendes Mittel komme nicht in Betracht, weil in diesem Fall angesichts der derzeit nicht feststehenden charakterlichen Eignung des Antragstellers für den Polizeiberuf möglicherweise polizeiliches Wissen, das nicht für Außenstehende bestimmt ist, in die falschen Hände geraten könnte.
Gegen den Beschluss können die Beteiligten beim VGH Kassel Beschwerde einlegen.
VG Wiesbaden, Urt. v. 01.02.2019 – 3 L 1141/18.WI
Pressemitteilung des VG Wiesbaden Nr. 1/2019 v. 01.02.2019