Das OVG Berlin-Brandenburg hat am 01.02.2019 entschieden, dass ein Bewerber um Einstellung in den mittleren Polizeidienst, den die Berliner Polizei allein wegen seiner Tätowierungen abgelehnt hatte, vorläufig weiter zum Auswahlverfahren zuzulassen ist.
Die Polizei beanstandete die großflächigen, beim Tragen von Sommeruniform sichtbaren Tätowierungen mit Frauenschädeln (das mexikanische Motiv “La Catrina”).
Das OVG Berlin-Brandenburg hat dem Bewerber Recht gegeben.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts darf die Prüfung, ob die Tätowierungen in der Bevölkerung als bedrohlich und abschreckend wahrgenommen werden könnten, nicht von der Polizeibehörde vorgenommen werden. Das OVG Berlin-Brandenburg sei damit einem Urteil des BVerwG vom 17.11.2017 gefolgt. Danach seien Tätowierungen bei jungen Menschen weit verbreitet und “in der Mitte der Bevölkerung angekommen”. Es obliege deswegen dem Berliner Gesetzgeber, in Grundzügen zu regeln, ob Tätowierungen, die beim Tragen von Uniform sichtbar oder auch unsichtbar seien, nach Größe und Gegenstand der Darstellungen mit den Anforderungen an Polizeibeamtinnen und -beamte und mit den berechtigten Erwartungen der Bevölkerung an die Polizei vereinbar seien. Die parlamentarische Debatte dürfe von der Polizeibehörde nicht vorweggenommen werden. Behördliche Ablehnungen seien nur erlaubt, wenn aufgrund der Tätowierungen Zweifel bestünden, ob die Bewerberinnen oder Bewerber jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung mitsamt den dort geregelten Menschenrechten eintreten oder wenn mit den Tätowierungen gegen Strafgesetze verstoßen werde.
OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 01.02.2019 – 4 S 52.18
Pressemitteilung des OVG Berlin-Brandenburg v. 04.02.2019